Trading-Report – Moneymanagement.

Bevor ich mit der Auswertung der Trades beginne will ich auf die Fragen aus den letzten Postings eingehen. Dort wurden insbesondere Fragen zum Money-Management formuliert, auf die ich nun eingehen will.

Im Prinzip orientiere ich mich an der “Optimal f”- Formel von Ralph Vince. Das Problem daran ist nur, dass sie den Trader bei Verlustserien, die nun mal leider früher oder später kommen wenn ein Markt seinen Charakter ändert, vor fast unüberwindbare psychologische Aufgaben stellt. Als ich das gemerkt habe, war mein Depot schon vor der Wand gefahren. Nach einer netten Gewinnserie in einem Trendmarkt setzte eine Top-Bildungsphase ein und ich war nicht schnell genug darauf eingestellt. Nach dem 5. oder 6. Minustrade in Folge begann ich Positionsgrößen zu erhöhen um den Zwang die Verluste aufholen zu wollen nachzugeben. Das ist der tödlichste aller Tradingfehler. Ich denke jeder muss ihn mal machen um zu verstehen wie unterbewusst gesteuert wir agieren.

Ich hatte 2 Dinge dabei gelernt:

  1. Die 0,5% Risiko-Regel ist vielleicht für ein Millionendepot ok, für ein kleines sicher nicht, da die Tradingkosten es fressen.
  2. Das Risiko, das ich nach “optimal f” eingehen müsste, wäre vielleicht optimal für die performance aber nicht mit mir als Verwalter, weil ich die horrenden Drawdowns nicht verschmerzen kann. Also entschied ich mich für den klassischen Mittelweg:

Ich betrachtete die längste Verlustserie der letzten 12 Monate mit der Frage: Wieviel Depotverlust könnte ich mit dieser Serie verkraften? Ganz einfach eigentlich. Meine Verlustserien liegen normalerweise bei 5 misslungenen Trades in Serie. Im Projekt hier hatte ich mal 9 in Folge, mein Rekord liegt bei 11. Die Frage ist also: Wieviel verkraftet man, ohne anzufangen emotional zu werden und scheisse zu machen (auf gut Deutsch gesagt) ;)

Depothalbierung im Selbstversuch

Lange Rede kurzer Sinn, ich redete mir ein, dass ich eine Depothalbierung durchstehen könnte und begann den nächsten Selbstversuch. Depothalbierung bedeutet, jeder Trade darf ca. 7% vom Depot fressen. Bei 10 misslungenen Trades in Folge ist die Halbierung perfekt. Sofern – ganz wichtig!! – man sich an die Spielregeln hält. Heißt: Liegt das Depot zu beginn bei 50.000, nach dem ersten Worst-Case Trade mit 7% bei 46,500, dann darf ich beim nächsten Trade auch nur 7% von 46.500€ risikieren und eben nicht 7% von 50.000. Nach dem nächsten 7% Verlust muss ich die Positionsgrößen auf ein 43.245€ Depot berechnen u.s.w.

Bevor ich nun erkläre wie mein MM konret aussieht, warne ich ausdrücklich davor es nachzuahnen, weil das Money- und Risikomanagement sehr individuell ist. Der eine Trader kann mit den Positionsgrößen umgehen, dem nächsten sind sie zu groß, dem anderen zu klein. Der eine handelt 3 Punkte intraday, der nächste will 50 Punkte in einem 4 Wochentrade machen. Jemand, der auf der 15-Min Ebene arbeitet braucht andere MM-Regeln, als jemand, der mit Daily-Kerzen agiert. Am besten ist sicher sich seine Verlustserien anzuschauen, s.o.

Mein System sieht so aus: Ich lasse 20 Punkte Verlust maximal zu im S&P. Wenn ich long bin und 20 S&P Punkte hinten bin, kann was mit meiner Long-Idee nicht stimmen und daher fliege ich (spätestens da) raus. Die 20 Punkte drüfen 7% des Depots fressen. Nach ca. 10 Minuspunkten fange ich an die Position zu halbieren. Das System nenne ich “cut the losses”, es ist eigentlich professionell gesprochen ein “scale out”. Ich habe es schon einige Male hier erwähnt, wichtig die die Vorstellung: Cut the losses. Schneide die Verluste ab. Sollte man sich bildlich vorstellen, damit es besser wirkt. Die Aufgabe eines Risikomanagers ist es die Risiken zu kontrollieren. Cut the losses – viel eindringlicher als “Verluste begrenzen”.

Meiner Meinung nach beginnt sich die Spreu vom Weizen vor allem da zu trennen, wenn man hinten liegt. Nur wer genügend Distanz zu dem Geld, das er verwaltet, hat, ist in der Lage die Emotionen außen vor zu lassen und diszipliniert, konsequent nach Regeln zu schließen.

Der gute Trader agiert wie ein erfahrener Autofahrer

Stellt Euch vor, ihr seid auf der Bahn unterwegs. Im dichten Nebel. Nur Fahranfänger und Volldeppen fahren da schnell. Der erfahrene Autofahrer geht vom Gas und wird vorsichtig. Wenn die Sicht frei ist und der Verkehr weniger wird, gibt er auch wieder richtig Gas. Beim Trading ist es genau so: Wenn man 3-4 Verluste erlitten hat in Folge, weiß man, dass es nebelig ist und die Setups nicht mehr funktionieren. Die Volldeppen, geben hier Gas und wollen Verluste aufholen, die erfahrenen Trader gehen dagegen runter vom Gas, verkleinern die Positionsgrößen und das so lange, bis die Trades wieder funktionieren, d.h. bis der Nebel sich gelichtet hat und die Sicht frei ist, um in die Metapher zurück zu kommen. Das klingt alles einfach und logisch, braucht aber Übung, Hintergrundwissen und Disziplin. Das muss erlernt werden. Ich bin selbst hin und wieder noch in der Falle (in 2010 war es hier live im Blog zu verfolgen, Klewe wird sich erinnern..), aber – wie gesagt – es ist reine Übung.

Good Trades!

Lukas

6 Gedanken zu „Trading-Report – Moneymanagement.“

  1. Ein gesundes neues Jahr wünsche ich.
    Mich hats leider voll erwischt und ich durfte Silvester im Bett verbringen, hoffe damit hat sich mein Krankheitspensum für dieses Jahr direkt erledigt.
    Um mal wieder eine Frage zum Trading loszuwerden…
    Mich würde sehr interessieren in welchem Zeithorizont du so arbeitest. Sind deine Trades eher auf Sekunden/Minuten ausgelegt oder kann man so eine enorme Performance nur mit größeren Bewegungen über Stunden/Tage hinbekommen?

  2. gutes Neues und gute Besserung!!
    Ich arbeite im 1h oder 4h Kerzenbereich. Ich Trade in übergeordneter Trendrichtung (4h Trends). Meine Haltezeit kann ich dir am besten mit ein Paar Statistiken hier aus dem Projekt deutlich machen.
    Overnight gehalten: 156 Trades, Inraday wieder geschlossen: 59
    Haltezeit falls Trade overnight gehalten wurde: 2,48 Tage
    Haltezeit falls intraday wieder geschlossen: 4,76 Stunden
    Die Haltezeit unterscheidet sich sehr deutlich zwischen shorts und longs übrigens.

    Ganz klar Kategorie “SwingTrading” also. Kleinere Marktbewegungen. Im Schnitt nehme ich 7,23 Punkte mit. Das variiert etwas je nach Marktlage.

    Ich werde die Zahlen noch demnächst mal genauer vorstellen.

  3. Das ist aufschlussreich.
    Eine eventuell “blöde” Frage aber ich muss Sie dennoch stellen.
    Du meinst mit den Punkteangaben für SL oder Gewinn pro Trade im S&P
    a) 1400 bis 1410 = 10 Punkte oder
    b) 1400 bis 1410 = 40 Punkte (0,25 = 1 Punkt)
    c) 1400 bis 1410 = 100 Punkte (0,1 = 1 Punkt)

    Ich frage, weil ich da schon des Öfteren Wirrungen in diversen Foren erlebt habe. Selbst manche Tradingplattformen scheinen sich da nicht ganz genau festlegen zu wollen und verwirren den Benutzer indem der Stop in “Punkten” angegeben plötzlich nur 0,1 Indexpunkte bedeutet usw.

  4. weißt doch, es gibt keine blöden Fragen.
    Ich setze mein Kreuzchen bei Antwortmöglichkeit a.)
    Gemeint sind die vollen Punkte im S&P500, besser gesagt dem CFD auf den Future davon (ES).
    Was du mit B und C meinst sind die sg. “Pips”. Das ist wie du schon angemerkt hast von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich im Verhältnis. Bei mir ist es auch das 1:10 Verhältnis wie in c.)
    Heißt, wenn ich 10 Punkte habe, sind es in meiner Plattform 100 (Pips).

    Ich mache wie gesagt noch ein Bericht darüber und packe meine Grafiken dort rein, wahrscheinlich schon am Wochenende, Wetter wird ja schlecht habe ich gesehen. Eines will ich noch loswerden: Ich bin davon überzeugt, dass es auf jedem Timeframe möglich ist gut zu performen. Egal ob 5min oder 1 Monat.

  5. Unglücklicherweise ist das Prinzip von Optimal f sehr komplex und nicht ganz einfach zu verstehen.
    also ich verstehe garnix, weder den Artikel noch die runtergeladene Excel-Datei…

  6. Im Prinzip handelt es sich um die Kelly Formel:
    F =((R+1)*P-1) / R
    mit F = optimaler Kapitaleinsatz
    P = proz. Gewinnwahrscheinlichkeit
    R = Verhältnis zw. Gewinnen und Verlusten

    Bei mir:
    P=0,7 (70%)
    R = 1,74 (Summe Gewinnpunkte/Summe Verlustpunkte)

    F = (2,74 * 0,7 – 1) / 1,74
    F = 0,52
    ==> Für eine Optimale Performance müsste ich 52% meines Kontos in jeden Trade stecken. Ein Wahnsinn. Zumal die Zahlen kurzfristig nicht mehr stimmen wenn der Markt sich ändert. Wären sie konstant, kein Problem.

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