Historische Höhen

Am Freitag konnten alle wichtigen Indizes neue AllTimeHighs erreichen. Ein wahrlich historischer Tag an den Börsen. DAX mit AllTimeHigh, S&P mit ATH. Friede Freude, Eierkuchen. Im Detailblick sind zwar auch einige negative Aspekte zu finden, aber hey, ich wiederhole mich gern! “Es ist Bullenmarkt. Einen Bullenmarkt handelt man Long!”

Trotzdem. Es beginnt die saisional schwache Periode zwischen Mai und Oktober. Ich handle diese Periode anders als die trendige Zeit zwischen Oktober und April und auch diesmal dürfte es keine Ausnahme geben, dass es ab hier eher seitwärts oder abwärts gehen wird. Ich sage es ganz klar: In den kommenden 5-6 Monaten ist man gut beraten auf Schwächesignale zu reagieren. Was aber nicht bedeutet gleich alle Stärkesignale zu ignorieren. Es gibt derzeit keinerlei Schwächesignale und wer auf gut Glück short handelt in diesem Bullenmarkt ist schlicht und einfach selbst schuld. Wir haben aber hysterische Zustände erreicht, denn wenn der DAX bei der Bild auf Seite 1 zu finden ist, kommt das Publikum und es ist höchste Zeit die Sachen zu packen für die Profis.

kaufpanikQuelle: Screenshot von bild.de

Die vergangenen Mai-Monate waren in jüngster Vergangenheit nicht stark. In den vergangenen 3 Jahren schlossen im Mai die US-Märkte 3x negativ in Folge, was aber gleichzeitig bedeutet, dass es im Nachwahljahr davor positiv schloss. Und so eines haben wir gerade. Diese Maimonate in Nachwahljahren habe ich mir etwas näher angeschaut und sie waren alles andere als schwach. Da zählt der S&P er zu den Top-5 Performern im Vergleich mit anderen Monaten. Will heißen: Saisonal ist die Lage nicht negativ und ich glaube das hat man am Freitag ziemlich gut sehen können. Zumindest reicht das plumpe “Sell in May” nicht aus, das man weit und breit hört.

Worauf ich aber unbedingt hinaus wollte, denn dies ist hier ein Tradingblog, ist der Hinweis, dass zwischen guter Analyse und gutem Trading Welten liegen können. In der vergangenen Woche wies ich auf die technische Situation im DAX hin, die sehr einladend war. Ganz klar war der Einstieg dort mit viel Mut verbunden, aber die Tatsache, dass ich bei 7650 meine Longs mit 130 Punkten Gewinn verkaufte zeigt doch klar, dass es aktuell noch gehörig an Selbstvertrauen mangelt. Mindestens 500 einfache Punkte konnte ich nicht mitnehmen und darüber darf ich mir Gedanken machen. Trading ist sehr viel mehr als ein Paar blöde Charts zu deuten. Mentale Grundvorraussetzungen sind unabdingbar.

Aber auch technisch! Der Exit braucht wesentlich mehr Aufmerksamkeit als der Entry. Das ist die Botschaft, die ich hier seit Jahren predige. Es ist extrem schwierig einen guten, objektiven Ausstieg zu finden, insbesondere weil Gewinn und Verlust direkt per Mausklick getriggert werden. Diese sind ja beim Einstieg nicht sichtbar. (deshalb gehen viele Anfänger übrigens sehr oft mit viel zu großen Positionen ins Rennen…) Mit dem Exit bestimmt man zwischen Profit und Verlust, daher braucht er wesentlich intensiverer Behandlung und wesentlich bessere Regeln als der Einstieg. Da muss ich immer noch stark dran arbeiten. Wie auch immer, so sah der Dax aus, als ich ihn für kaufwürdig einschätzte und so sieht er nun 2 Wochen und 9 grüne Kerzen später aus:dax

Wohin kann es gehen? Rein technisch ergibt sich ein Fibo-Extention von 8.333 Punkten. Ich denke, die sehen wir noch.

Meine Erfahrung hat aber – wie schon oben gesagt – gelehrt, dass der Kauf neuer Highs in saisional schwierigen Monaten keine besonders kluge Idee war. Ich möchte hier auch nicht das Haar in der Suppe suchen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass an der ein oder anderen technischen Ecke etwas nicht stimmt. Da wäre der VIX mit drei deutlichen higher lows:

spx_vix_div

Da wären die NYADVs, die zu hoch sind:

nyadv_detail

Dieser Chart braucht noch etwas Erklärung. Grundsätzlich ist ein Erreichen der oberen Zone nach einem Down-Trend ein sehr starkes postives Signal. Wird die Zone aber nach einer längeren Trendphase in Trendrichtung erreicht, so gilt es aufzupassen. Tops waren in der Vergangenheit nicht mehr fern wenn dies der Fall war. In Sept. war es der Fall. Besonders interessant aber finde ich die Zuverlässigkeit als Boden-Indikator. Alles Volltreffer, insbesondere Bei Übertreibungen nach unten…

Zu guter Letzt will ich noch auf das sinkende Volumen bei steigenden Index-Ständen hinweisen, am schönsten zu sehen im NDX:

ndx

Nochmal, nicht falsch verstehen. Trend ist Trend, aber vom Kauf neuer Highs halte ich nix. Ich werde nach wie vor Korrekturen für Long-Trades suchen, Shorts vermeiden aber neue Highs kaufe ich definitiv nicht. Ich möchte aber gern meinen kleinen Reiminder predigen, denn er ist wichtiger als jeder Indikator. Es ist Bullenmarkt!! So lange Dips gekauft werden kauft man mit. Es gibt keinerlei meinunsverändernde Nachrichten. Das Publikum ist bullish! Jeder Rücksetzer lädt zur Aufstockung ein.

 

Gute Woche, gutes Gelingen, gutes Trading!

10 Gedanken zu „Historische Höhen“

  1. Lukas, gutes Post, wie immer. Mehr davon :)
    Dein Einstieg vor zwei Wochen war mutig, richtig, und mit dem heutigen Wissensstand genial – nur kannst Du das nicht ahnen. Wir handeln doch immer Wahrscheinlichkeiten und damals war die Chance auf einen UP-Move hoch. Die Gewinnmitnahme (wahrscheinlich an einer Fibo-Marke) völlig korrekt. Ich bleibe bei meiner Aussage ‘guter Trade’. Das der DAX derartig seine Richtung wechselt und aus Weltuntergangsstimmung zum ATH dreht, kam unerwartet. Jetzt zu sagen, man hätte 500 Punkte verschenkt… das kann man hinterher immer sagen. Freu Dich an den Gewinn-Punkten. Ich unterstelle mal als börsenaffiner Mitbürger hast Du auch noch ein Langfrist Aktiendepot und da hast Du dann den Anstieg voll mitgemacht!
    Jetzt befinden wir uns kurz vor ‘unkartiertem Land’. Einige übliche Tools der TA funktionieren dann nicht mehr (bspw. Widerstände). Anders als Du, sehe ich aber auch Chancen auf der Short-Seite (und das soll bei mir was heißen!) – die Gründe hast Du oben beschrieben, das Bollinger Band ist Daily oben erreicht (analog wie bei Deinem letzten Einstieg), ATH ist immer ein heftiger Widerstand, ein Fehlausbruch nach oben ist so einladend, um die Lemminge abzuzocken, Überkaufheit im DAX und, und und…
    …aber Short bitte nur mit sehr engem Initial-Stopp.
    Nach einem solchen UP-Move muss sich der Index erst mal wieder ‘beruhigen’ -> in der Regel mit nem Seitwärtslauf – und das birgt Chancen in beiden Richtungen.

  2. Du hast Recht, ahnen kann man das nicht, aber es wäre ein Leichtes gewesen einfach nur mit dem Stopp nachzuziehen anstatt per Limit raus zu gehen. War aber nach Regelwerk, wie du schon sagst.
    Das “uncharted territory” lässt sich wieder relativ leicht mustern und bestimmen mit den Fibos. Ich sage 8.333, jedenfalls der Bereich ab 8.300 – 350; da sollte Feierabend sein fürs Erste. Ab da denke ich an Shorts.

    Die Lemminge kommen, sagst du ganz richtig. Den BigBoys kann nix besseres passieren. Sie werden ihr Zeug mühelos abladen können…

    Ich will nochmal ein Paar kurfristige wichtige Level nennen: Im S&P müssten es 1624 sein. Die können noch diese Woche fallen. Bei jedem Rückgang von hier lassen sich die 1600 für einen Rebound-Trade kaufen..
    Ich denke, dass ab hier langssam aber sicher der Trading-Markt beginnen könnte

  3. @Lukas und Klewe

    Warum denn so zwanghaft bärisch? Ist es denn so unvorstellbar, dass wir aus der über 10-jährigen Konsolidierungsphase ausbrechen können? Wenn der S&P sein ATH mit einem Abstand von ca. 6-8 % rausnimmt, kann der Ausbruch als geglückt eingestuft werden. Dann sehen wir dort Kurse über 2500 Punkte!

  4. D’accord. Ausbruch geglückt. Das ist Fakt. Überkauftheit ist auch Fakt.
    Es gibt zu jedem Zeitpunkt bullishe und bärische Argumente (sonst gäbs nie Transaktionen an der Börse…) Ich kann Dich weder überreden noch überzeugen noch will ich es. Ich gebe hier meine Gedanken weiter, meine Ideen, meine Erfahrungen und höre mir genau so gerne andere Ideen und Gedanken an.

    Schau mal hier was ich meine mit freundliche Anlegerzeit und unfreundliche Anlegerzeit:
    http://www.stocktradersalmanac.com/sta/research_tool_MACDEntryExitDOW.jsp

    Ich für meinen Teil setzte das seit 4 Jahren kontinuierlich um in meinem Langfristportfolio nach leicht angepasstem Regelwerk. Bin heute die erste short-Position eingegangen. Halten will ich bis Ende Sommer im Oktober.

  5. Na zwanghaft bärisch würde ich nicht sagen, aber die Vergangenheit zeigt halt, dass der Markt nicht immer nur steigen kann. Ich hatte nur auf die lange Folge steigender Kerzen hingewiesen…
    Die Tabelle aus deinem Link finde ich aus statistischen Gründen nicht ganz korrekt: Wenn man, um zu beweisen, dass Sell in May funktioniert, muss man den Depotwert nicht nur um die Kursverluste reduzieren, sondern auch Short-Positionen einrechnen und das zur Gesamtperformance aufaddieren. Die prozentualen Unterschiede (egal ob plus oder minus) finden bei sinkendem Depotwert einfach keine entsprechend vergleichbare Würdigung!

  6. Lukas, wir befinden uns in einem nachwahljahr! In diesem Falll läuft das Motto sell in may ins leere. Hochpumpt dürfte laut Sentiment im Juli liegen.

    Vor 2 min auf N-TV: Das Ende der Fahnenstange ist erreicht, wir werden fällen! Ein großes Top wird niemals angekündigt.
    Ich bleibe weiterhin String bullish!

  7. Sell in May ist so ein Börsenmythos, der so einfach nicht stimmt. Das hat doch der ‘Fund der Woche’ erläutert, aber auch hier wird damit aufgeräumt http://www.seasonalcharts.de/saisonalitaet.html. Aber ich warne auch davor zu glauben, im Juli wird’s sicher runter laufen. Wenn ich eine Monatsauswertung (Close zum letzten Close des VM) im DAX vom Juli 2001 bis Juli 2012 mir ansehe, war das ein Durchschnittsplus von 0,36%. Das ist das fatale an langen Zeitreihen und großen Ausreißern. Die können eine Aussage ins Gegenteil verkehren.

    und n-tv glaube ich schon mal gar nix.
    @Tobias, hast Du diese oder meinetwegen auch vorige Woche neue Aktien oder irgendwas Long in dein Depot gekauft?

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