Eckpfeiler für erfolgreiches Investieren

Ich bin diese Woche über einen echt großartigen Artikel (inkl. Video für die jüngeren von Euch..!) gestoßen, in dem zwei schwergewichtige Marktveteranen schildern, auf was es beim Aktienhandel ankommt. Diese zwei Veteranen sind David Ryan und Mark Minvervini. Sowohl Ryan als auch Minvervini haben mein Trading maßgeblich beeinflusst. Hier der LINK

Es geht dort nicht um Grundlagen wie das Finden von Kauf- und Verkaufsignalen, Positionsgrößen oder das Nutzen von Stop Losses. Sie sind wesentlich tiefgreifender und richten sind an fortgeschrittene Trader, auf der Suche nach Konstanz und dem nächsten Schritt. Was sind es also für Themen?

  1. Der enorme Stellenwert der Analyse seiner abgeschlossenen Trades. Jornalarbeit. Voraussetzung dafür ist eine disziplinierte Buchführung, umgesetzte Prozesse zur Aufarbeitung und Nacharbeitung. Nur so kann ein Finetuning der eigenen Regeln vorgenommen werden. Wer seine Fehler erkennt, kann sie abstellen. Spätestens hier sollte jedem klar sein, dass Trading vor allem Arbeit und Bildschirmzeit ist und dass es eine mentale Grundeinstellung braucht um offen und ehrlich zu sich selbst zu sein. Das Thema Ego wird spätestens hier erste Kratzer bekommen auf dem Weg es irgendwann als Einflussfaktor komplett eliminieren zu können.
  2. Es muss das Ziel sein eine Technik (= ein Setup) perfekt zu beherrschen. Bis ins letzte Detail. Es nützt wenig mit drei oder mehr Setups zu agieren, mit denen man sich nur oberflächlich beschäftigt hat. David Ryan beschreibt die Fokussierung auf ein einziges Setup als seinen Turning-Point auf dem Weg zum profitablen Trader. Im Wesentlichen ist dieses Thema auch meiner Ansicht nach der Schlüssel, denn die eigentliche Frage ist: Was bedeutet es eigentlich ein Setup bis ins letzte Detail zu beherrschen? Und wo ist der Unterschied zu “oberflächlich” beherrschen? Diesen Aspekt hatte ich lange komplett unterschätzt.
  3. Man muss lernen den Gesamtmarkt lesen zu können. Es ist wie der berühmte Vergleich mit Ebbe und Flut, auch wenn er abgedroschen ist. In einem korrigierenden Markt wird man immer Probleme bekommen wenn man beispielsweise auf 30% Anstiege von Aktien spekuliert. Top Trader wissen wann sie vom Gas gehen müssen. Würdet ihr bei Regen und Nebel mit 200 km/h über die Autobahn fahren wollen?
  4. Emotionale Kälte und großer Optimismus. Das sind zwei wie ich finde elementare Grundvoraussetzungen. Gehören eigentlich zu den Basics, aber verdienen meiner Ansicht nach trotzdem eine Hervorhebung. Insbesondere der Optimismus bei Aktieninvestments. Manch einer wird sich an die eigenen Emotionen Anfang 2020 zu Beginn der Pandemie erinnern können, als die Aktienmärkte sprichwörtlich den Bach untergingen und man vielleicht selbst Zukunftsängste hatte. Genau da trennt sich Spreu vom Weizen und genau da muss man optimistisch nach vorn blicken können. Meine persönlicher Leitsatz für solche Situationen lautet: Technologie löst Probleme. Unternehmen wie Biontech, Moderna, Zoom, Shopify und viele weitere treten dort aus ihrem Schattendasein, weil sich plötzlich ein Markt und eine Nachfrage für ihre Produkte und Services entwickelt. Sie schaffen Lösungen für veränderte Nachfragen. Andere Unternehmen dagegen bekommen Probleme und müssen umstrukturieren und tun sie es nicht, verschwinden sie vom Markt. Airlines z.B. oder Kaufhäuser. Wer den Mut hatte in 2020 nach vorn zu blicken und neue Chancen suchte, war auf der Gewinnerseite. Nicht verwunderlich übrigens, dass in diesen Zeiten die Absatzzahlen für Bücher wie “Der Crash kommt” o.ä. durch die Decke gehen.
  5. Gewinnmitnahmen. Die Top Leute wissen, dass es nur ein Business ist mit Kosten (=Verluste) und Erträgen (=Gewinne). Sie haben exaktes Wissen über ihre Kennzahlen und kennen die Mathematik in ihrem Tradingansatz. Speziell bei diesem Thema ist mir dieses Jahr ein Licht aufgegangen, denn mir ist deutlich geworden, dass ich das Thema “Nailing down profits”, also Gewinnmitnahmen nicht ausreichend Beachtung geschenkt habe. Es ist das Eine seine Verluste strikt zu limitieren und seine Gewinne laufen zu lassen. Allerdings ist es enorm wichtig einen Teil seiner Position im Gewinn zu schließen um für Umsatz zu sorgen, da Aktien häufig eben nicht durchstarten. Für erfolgreiches “Gewinne laufen zu lassen” braucht es bestimmte Gesamtmarktvoraussetzungen und diese sind nicht immer parat und leider auch häufig nicht sofort erkennbar.

Das alles setzt voraus, dass man verstanden hat die Verluste sehr eng zu limitieren, dass man das sein persönliches Ego im Griff hat und den Drang Recht haben zu müssen besiegt hat. Das man verstanden hat, dass erfolgreiches Investieren klar strukturierte Arbeitsprozesse braucht und es es sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Das man immer wieder Rückschläge – groß oder klein – emotional wegstecken muss und und und. Aber damit man dort hin kommt muss man an seinem “Edge”, dem Vorteil arbeiten. Ich hätte nicht gedacht wie viel Arbeit die Top Leute in ihren Handelsansatz gesteckt haben. Sie haben tausende von Chartmustern immer wieder studiert und verinnerlicht und wissen genau wann sich eine aussichtsreiche Situation einstellt und was von ihr in Zahlen zu erwarten ist. Sie haben Prozesse aufgesetzt um während des Handelstages oder im Anschluss diese Muster zu finden um daraus einen Nutzen für sich zu ziehen für den nächsten Tag. Sie haben schlicht und einfach unzählige Stunden gearbeitet und geübt. Fehler korrigiert, Stärken ausgebaut.

Jeder von Euch wird die 10.000 Stunden Regel kennen, bei der es heißt, dass man grob 10.000 Stunden an Übungszeit einsetzen muss, bis man etwas perfekt beherrscht. Diese 10.000 Stunden werden aber erst greifbar, finde ich, wenn man sich überlegt was das eigentlich bedeutet. Angenommen man investiert 8 Stunden täglich, 200 Tage im Jahr dem Thema Trading, was für viele völlig illusorisch ist. Man kommt im Jahr auf 1.600 Stunden. D.h. mit diesem Pensum bräuchte man 6.25 Jahre um das 10.000 Stunden Kriterium zu erreichen. Selbst wenn man nicht mit 200 rechnet und jeden einzelnen Tag im Jahr trainiert, bräuchte es immer noch knapp 3,5 Jahre.  Jetzt darf sich jeder selbst die Frage stellen, ob er es wirklich ernst meint mit dem Trading. Ich tue es. Zu 100%!